Nutzniessung und Wohnrecht

Wohnrecht und Nutzniessung ist eine interessante Option für Hauseigentümer, die ihr Grundstück verkaufen oder verschenken wollen, aber weiterhin darin leben wollen. Damit kann das Grundstück abgegeben werden, man darf und kann jedoch noch weiterhin darin leben.


Das wichtigste in Kürze

Nutzniessung

  • Voller Genuss: Berechtigte hat das Recht auf Besitz, Nutzung und Gebrauch

  • Übertragbarkeit: Ausübung kann übertragen werden, das Recht bleibt unübertragbar

  • Anwendungsbereich: Grundstücke, bewegliche Sachen, Rechte und Vermögen

  • Verpflichtung: Nutzniesser trägt Unterhalt und Verwaltungskosten, Eigentümer bleibt für grössere Arbeiten zuständig

  • Dauer: Erlischt mit dem Tod des Berechtigten oder nach Ablauf der Frist

Wohnrecht

  • Beschränkte Nutzung: Berechtigter darf nur in einem Gebäude oder einem Teil davon wohnen, kein voller Genuss

  • Höchstpersönliches Recht: Nicht übertragbar, unvererblich und nicht pfändbar, nur natürliche Personen als Berechtigter möglich

  • Eingeschränkte Übertragbarkeit: Nur mit Zustimmung des Berechtigten ist die Vermietung zulässig

  • Kostenverteilung: Berechtigter trägt Kosten des gewöhnlichen Unterhalts, sofern ein exklusives Wohnrecht besteht


Kurzvergleich zwischen Wohnrecht und Nutzniessung

Wohnrecht Nutzniessung
Rechtsgrundlage ZGB 776-778 ZGB 745-775
Definition Wohnrecht gewährt das Recht, in einem Gebäude oder einem Teil davon zu wohnen. Nutzniessung erlaubt die volle Nutzung und den Genuss einer Sache oder eines Rechts unter Wahrung der Substanz
Gegenstand Kann nur an Grundstücken errichtet werden Kann an Grundstücken, beweglichen Sachen, Rechten oder Vermögen bestehen
Rechte des Berechtigten Beschränkt sich auf das Wohnen (Keine weitergehende Nutzung wie Vermietung) Nutzniessung berechtigt zum vollen Genuss der Sache (Besitz, Gebrauch, Nutzung der Sache); Möglichkeit der Vermietung durch den Nutzniesser ohne Zustimmung möglich
Übertragbarkeit Unübertragbar und unvererblich des Rechts (Höchstpersönlich) Übertragbar (nicht das Recht selbst, sondern die Ausübung), unvererblich, endet mit dem Tod des Berechtigten
Pflichten des Berechtigten Übernimmt i.d.R. die Kosten für gewöhnlichen Unterhalt, wenn ausschliessliches Wohnrecht besteht Verpflichtet zur Substanzerhaltung und Übernahme der gewöhnlichen Unterhaltskosten. Versicherungspflichten können bestehen
Auflösung Endet mit dem Tod des Berechtigten oder nach Ablauf einer festgelegten Zeit Endet mit dem Tod des Berechtigten, Zeitablauf oder Untergang des Gegenstands; Jur. Person spätestens nach 100 Jahren
Charakter Primär zur Sicherung des Wohnbedarfs, i.d.R. im Rahmen des Erbrechts für überlebende Ehegatten Häufig zur umfassenden Absicherung des Nutzniessers, insb.. Für überlebende Ehegatten, aber mit umfassenderen Nutzungsrechten

Gemeinsamkeiten:

  • Beide ermöglichen dem Berechtigten, die Immobilie zu nutzen, ohne gleichzeitig der Eigentümer zu sein

  • Beide werden im Grundbuch als Dienstbarkeiten eingetragen

  • Beide können grundsätzlich zeitlich befristet oder unbefristet sein

  • Beide können entgeltlich oder unentgeltlich gewährt werden

Nutzniessung

Die Nutzniessung ist die Dienstbarkeit, die einer bestimmten Person den vollen Genuss einer Sache oder eines Rechts verleiht, jedoch unter Wahrung der Substanz.

Merkmale:

Voller Genuss: Nach Art. 755 Abs. 1 ZGB hat der Nutzniesser das Recht, die Sache zu besitzen, gebrauchen und zu nutzen. Der Nutzniesser kann selbst entscheiden, wie er die Sache bewirtschaftet und verwaltet, kann dabei gleichzeitig die Sache ohne Zustimmung vermieten.

Erhaltung: Der Nutzniesser muss für die Verwaltung der Sache sorgen und trägt dabei die Auslagen für den gewöhnlichen Unterhalt sowie die Bewirtschaftung.

Beispiele:

  • Einsetzen zerbrochener Fenster

  • Reinigung, Unterhalt der Wege

  • Gräben, Zäune, aber auch das

  • Reparieren der Schlösser

Versicherungszwang: Der Nutzniesser muss auf seine eigene Kosten zugunsten des Eigentümers die Sache gegen Feuer und andere Gefahren zu versichern.

Gegenstand der Nutzniessung: Die Nutzniessung kann neben Grundstücken, auch etwa auch bewegliche Sachen, Rechte oder ein Vermögen als Gegenstand haben. (Dadurch unterscheidet sich das Nutzniessungsrecht insbesondere von den anderen Dienstbarkeiten)

Personaldienstbarkeit: Als solche ist die Nutzniessung nicht übertragbar. Die Ausübung des Rechts kann jedoch i.S.v. Art. 758 Abs. 1 ZGB übertragen werden, wenn es kein höchstpersönliches Recht ist. Es ist jedoch nur möglich, die Übertragbarkeit mittels Obligationenrechtlichen Vertrag zu übertragen also Abschluss durch Miet- und Pachtvertrag).

Unvererblichkeit: Schliesslich ist das Nutzniessungsrecht unvererblich und endet mit dem Tod des Berechtigten. Bei einer Nutzniessung zugunsten einer juristischen Person, endet die Nutzniessung mit der Auflösung, spätestens jedoch nach 100 Jahren.

Entstehung:

Bei der Nutzniessung ist bei der Entstehung (i.S:v. Art. 746 ZGB) zwischen dem Erwerbsgrund und Erwerbsakt u unterscheiden.

  • Erwerbsgrund: Rechtsgeschäft (i.d.R. ein Vertrag), welcher öffentlich beurkundet werden muss. Ein Vertrag über eine Vereinbarung der Nutzniessung, die erst nach dem Tod des Eigentümers entstehen soll, bedarf es der Form der Verfügung von Todes wegen (Siehe dazu Testament)

  • Erwerbsakt: Hierbei handelt es sich um die Übertragung des Rechts auf den Berechtigten. Dabei ist für Grundstücke eine Eintragung ins Grundbuch erforderlich

Untergang:

Untergangsgründe:

  • Nutzniessung erlischt unmittelbar mit dem vollständigen Untergang des Gegenstands, bei Grundstücken mit der Löschung des Eintrags im Grundbuch.

  • Weiter ist es möglich, dass das Nutzniessungsrecht durch Zeitablauf, Verzicht oder Tod des Berechtigten untergeht, bei Grundstücken entsteht ein Anspruch des Eigentümers, den Eintrag zu löschen. Die Löschung im Grundbuch hat dementsprechend nur deklaratorische Wirkung

Folgen der Beendigung:

Die Sache muss dem Eigentümer zurückgegeben werden. Der Berechtigte haftet dabei (Art. 7520 ZGB) für den Minderwert, der durch nicht ordnungsgemässen Gebrauch eingetreten ist. Der Berechtigte hat aber auch Anspruch auf Entschädigung von Verwendungen oder Neuerungen, zu denen er nicht verpflichtet war.e

Typischer Anwendungsfall:

Typischer Anwendungsfall der Nutzniessung ist die Nutzniessung zu Gunsten des überlebenden Ehegatten und hat entsprechend Versorgungscharakter.

 

Wohnrecht

Die Nutzniessung ist die Dienstbarkeit, die einer bestimmten Person das Recht gewährt, in einem Gebäude oder einem Teil davon zu wohnen, ohne dass dieser Eigentümer ist.

Unterschiede zur Nutzniessung:

  • Wohnrecht kann nur zu Lasten eines Grundstücks errichtet werden

  • Wohnrecht vermittelt lediglich eine beschränkte Nutzung: Befugnis, in einem Gebäude oder einem Teil davon zu wohnen (im Gegensatz zur Nutzniessung, das den vollen Genuss der Sache verleiht)

  • Strikt unübertragbar und unvererblich; Im Gegensatz zur Nutzniessung, kann nicht einmal die Ausübung auf einen Dritten übertragen werden; Recht die Wohnung zu vermieten, kann nur mit obligatorischer Wirkung eingeräumt werden

  • Es ist nicht möglich, das Wohnrecht zu Gunsten einer juristischen Person zu begründen

Inhalt und Umfang:

Inhalt bemisst sich anhand der persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten. Der Berechtigte darf jedoch, Familienangehörige und Hausgenossen zu sich (auf-) nehmen, deren Bedürfnisse dann zu berücksichtigen sind. Bei Beschränkung auf ein Teil des Gebäudes, darf der Berechtigte auch die gemeinschaftlichen Einrichtungen mitbenutzen. Dazu zählt etwa der Aufzug, das Treppenhaut oder die Waschküche etc.

Entstehung und Untergang:

Beim Wohnrecht kommen die gleichen Vorschriften zum Zug, wie bei der Nutzniessung. Für die Begründung durch den Vertrag, ist ebenfalls die öffentliche Beurkundung (Erwerbsgrund) und die Eintragung ins Grundbuch erforderlich.

Typischer Anwendungsfall:

Typischer Anwendungsfall des Wohnrechts ist das Wohnrecht zu Gunsten des überlebenden Ehegatten und hat entsprechend Versorgungscharakter. Es wird damit sichergestellt, dass der Ehegatte in der gemeinsamen Wohnung bleiben kann.

Problematik: Ergänzungsleistungen und Verzicht auf ein Wohnrecht oder Nutzungsrecht

In der Praxis werden Grundstücke gerne bereits vor dem Ableben verschenkt. Dabei wird aber meist ein Wohnrecht oder Nutzungsrecht erstellt, damit die Eltern noch bis zu deren Ableben darin wohnen können.

Bei der Einräumung eines Wohnrechts oder Nutzungsrecht wird die als potenzielles Einkommen betrachtet. Wenn eine Person das Wohnrecht oder die Nutzniessung dabei freiwillig aufgibt, weil man beispielsweise in ein Pflegeheim umziehen muss, wird dies bei Anträgen für Ergänzungsleistungen angerechnet. Dies ergibt sich aus Art. 11a ELG i.V.m. Art. 15e ELV. 

Die Folge davon kann etwa sein, dass keine Ergänzungsleistungen ausbezahlt werden. Ein erst kürzlich erfolgter Gerichtsentscheid (LGVE 2024 III NR. 3) zeigte deutlich, dass der Verzicht auf eine Nutzniessung finanzielle Konsequenzen haben kann. In diesem Fall führte der Verzicht der betroffenen Person auf die Mieterträge ihrer bisherigen Wohnung zu einer Ablehnung der Ergänzungsleistung, da diese Einkünfte hypothetisch weiter zur Verfügung stünden. Deshalb sollte dabei der Einräumung von Nutzniessungen auch die Beendigungsmöglichkeiten und deren Auswirkung bedacht werden.

 

 



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